Heimliche Waffenlieferungen
Von Kristian Stemmler
Die Fortsetzung der Waffenlieferungen an die Ukraine steht ganz oben auf der Agenda der neuen Bundesregierung. Dem Protest dagegen will »Schwarz-Rot« aber eine wichtige Informationsquelle entziehen. Künftig sollen die gelieferten Waffensysteme nicht mehr, wie es in den vergangenen drei Jahren Praxis war, im Internet veröffentlicht werden. »Die Bundesregierung wird künftig die Kommunikation zur Lieferung von Waffensystemen deutlich reduzieren«, hieß es dpa zufolge bereits am Freitag abend aus Regierungskreisen. Damit wolle man vor allem »dem Aggressor im Ukraine-Krieg«, also Russland, »militärische Vorteile verweigern«, so die Begründung.
Am Sonnabend bestätigte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) das Vorgehen bei seinem Besuch in Kiew gegenüber dem Sender RTL/ntv: »Unter meiner Führung wird die Debatte um Waffenlieferungen, Kaliber, Waffensysteme, und, und, und aus der Öffentlichkeit herausgenommen«, erklärte er unverhohlen. Dies betrifft offenbar auch die besonders umstrittene Frage, ob Marschflugkörper des Typ Taurus, mit denen Ziele auf russischem Territorium angegriffen werden können, an die Ukraine geliefert werden sollen. Hierauf von RTL/ntv konfrontiert, antwortete der CDU-Politiker ausweichend. Die Bundesregierung werde »alles, was wir an militärischer Hilfe der Ukraine zukommen lassen, eng abstimmen«, sowohl in der EU als auch mit den USA, so Merz.
In den ersten Wochen nach Beginn des Ukraine-Kriegs hatte es kaum Informationen zu den Waffenlieferungen gegeben. Im Juni 2022 entschied sich die damalige Bundesregierung unter Olaf Scholz (SPD) dann auf öffentlichen Druck zur Veröffentlichung der an die Ukraine gelieferten Waffen und Munition. Seitdem ist eine detaillierte Liste dazu auf bundesregierung.de abrufbar. Der zuletzt am 6. Mai aktualisierten Aufstellung war noch am Sonntag zu entnehmen, dass die BRD zum Beispiel 121 Leopard-Panzer, 500 Fliegerabwehrraketen »Stinger« und 330.000 Schuss Flakpanzermunition in die Ukraine geschickt hat.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (13. Mai 2025 um 11:21 Uhr)Dass die Bundesregierung künftig keine Informationen mehr zu Waffenlieferungen an die Ukraine veröffentlichen will, ist aus demokratischer Sicht höchst problematisch. Transparenz ist ein grundlegendes Prinzip der Demokratie – Entscheidungen, insbesondere in sicherheits- und finanzpolitisch relevanten Bereichen, müssen für die Bürger nachvollziehbar bleiben. Die geplante Intransparenz widerspricht diesem Grundsatz eklatant. Zudem ist der Begriff »Rüstungsexporte« in diesem Zusammenhang irreführend. Ein Großteil der gelieferten Waffen wurde der Ukraine bislang unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Die Ukraine ist aktuell – und absehbar auch langfristig – nicht in der Lage, diese Lieferungen zu bezahlen. Es handelt sich also im Wesentlichen um Schenkungen, die mit Steuergeldern finanziert werden. Dies wirft die Frage nach dem verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Mitteln auf. Auch der Kurswechsel der Bundesregierung in Bezug auf Waffenlieferungen wirkt widersprüchlich und schwer nachvollziehbar. Zu Beginn des Krieges lehnte Deutschland jegliche militärische Unterstützung strikt ab. Schrittweise wurden dann jedoch immer umfangreichere Waffenlieferungen genehmigt – bis hin zu schwerem Gerät. Dieser abrupte Wandel in der Außen- und Sicherheitspolitik wurde der Bevölkerung nie ausreichend erklärt. Man könnte sogar sagen: Hätte die Ukraine bereits zu Kriegsbeginn alle heute gelieferten Waffen erhalten, wäre ein militärischer Erfolg zumindest wahrscheinlicher gewesen. Jetzt hingegen, da es an ausgebildeten Soldaten mangelt, droht der Effekt neuer Waffenlieferungen zu verpuffen. Zwar können sie Russland empfindlich treffen, doch eine nachhaltige Veränderung der Frontlage ist kaum noch zu erwarten.
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